Pazar, Ocak 28, 2007

Ein bißchen schwanger

»Überwachte Unabhängigkeit«: Die Umsetzung des Ahtisaari-Plans würde zur Geburt eines neuen Staates Kosova führen – auch gegen das Völkerrecht
http://www.jungewelt.de/2007/01-29/035.php

Von Jürgen Elsässer


Ganz Kosovo für die Albaner – Demonstration Ende November in der Provinzhauptstadt Pristina
Foto: APEin bißchen schwanger – das gibt es nicht. Es gilt: entweder – oder. Genauso verhält es sich mit einem Staat: Er ist geboren, wenn er unabhängig ist, Punkt. Der Kosovo-Plan des UN-Beauftragten Martti Ahtisaari versucht, diese kategorische Setzung mit semantischen Tricks zu überspielen: Der UN-Beauftragte empfiehlt eine »überwachte Unabhängigkeit«.
KungeleienAhtisaari hat seine Vorstellungen am vergangenen Freitag in der sogenannten Balkan-Kontaktgruppe – ein informelles Gremium von USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien und Rußland – und im Rat der NATO-Außenminister vorgestellt. Nicht alle Details wurden öffentlich bekannt, aber die Umrisse. Moskau hat jedenfalls angekündigt, daß es die Vorstellungen des Finnen nicht unterstützt, und droht mit Konsequenzen: Wenn die serbische Provinz Kosovo (albanisch Kosova) unabhängig werden sollte, obwohl es niemals in der Geschichte ein eigener Staat war und innerhalb Jugoslawiens noch nicht einmal den Status einer Republik hatte, dann werde man die Loslösung prorussischer Territorien aus anderen Staaten ebenfalls völkerrechtlich absegnen. Dies betrifft etwa die Abspaltung Transnistriens von Moldawien und Südossetiens sowie Abchasiens von Georgien. Ahtisaari versuchte, diese Besorgnisse zu besänftigen: Internationale Truppen unter EU-Kommando sollen weiter auf dem Amselfeld stationiert werden und die serbische Minderheit sowie die orthodoxen Heiligtümer schützen. Die Serben – derzeit nur noch weniger als 100000 Menschen, also nur ein Zwanzigstel der zwei Millionen Einwohner starken Provinzbevölkerung – sollen das Recht haben, besondere Beziehungen zu ihrem Mutterland zu unterhalten und auch die doppelte Staatsbürgerschaft zu beantragen. Die endgültige Entscheidung über das Kosovo kann nur der UN-Sicherheitsrat treffen. Ein russisches Veto in diesem Gremium soll nach Ahtisaaris Vorstellungen dadurch vermieden werden, daß in einer entsprechenden Resolution weder das Wörtchen »Unabhängigkeit« noch die Fortdauer der serbischen Souveränität über das Kosovo Erwähnung findet. Das höchste Entscheidungsgremium der Vereinten Nationen würde demnach nur festlegen, daß die Verwaltung der Provinz erlischt.
DrohungenDamit entstünde völkerrechtlich ein Vakuum, das – so das Kalkül von Wa­shington, Brüssel und Berlin – die albanischen Institutionen füllen würden. Doch de jure fiele mit dem Erlöschen der UN-Verwaltung die Jurisdiktion über die Provinz an Belgrad zurück. Was also, wenn Serbien sich das Kosovo zurückholt?Dieses Horrorszenario für den Westen könnte Wirklichkeit werden, wenn die NATO-feindliche Serbische Radikale Partei an der Regierung in Belgrad beteiligt wird. Bei den Parlamentswahlen am 21. Januar wurde sie mit 28,5 Prozent stärkste Kraft. Der noch amtierende gemäßigt-westliche Premier Vojislav Kostunica könnte der NATO drohen, diese in eine künftige Koalition miteinzubeziehen – und damit erreichen, daß am Status quo des Kosovo nichts geändert wird.

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